„Warum geht man denn als Frau zur Bundeswehr?!“

„Weil ich es endlich darf…“

Als ich mir Gedanken darüber gemacht habe, was der erste Blockbeitrag zu meinem Werdegang bei der Bundeswehr sein könnte, musste ich diese Frage einfach aufgreifen. Zu oft ist sie mir schon gestellt worden, zu oft musste ich mich erklären und hatte sogar das Gefühl mich rechtfertigen zu müssen, weshalb ich denn als Frau zur Bundeswehr gegangen bin. Sie beschreibt meinen Einstieg in die Bundeswehr und passt somit gut an den Anfang der Geschichte…

Ich kann mich noch gut an die irritierten Blicke und Reaktionen meiner Mitschüler und Lehrer in der Schule erinnern, als klar war, dass ich nach dem Abitur zur Bundeswehr gehen würde. Die meisten glaubten, ich hätte mich für ein Medizinstudium beworben, was man ja noch hätte verstehen können; als Ärztin bei der Bundeswehr; dass konnte man sich 2005/2006 schon sehr gut vorstellen, aber ein aktiver Dienst in einem anderen Bereich der Bundeswehr war etwa vier Jahre nach Öffnung aller Laufbahnen der Bundeswehr für Frauen für viele noch seltsam und nicht vorstellbar.

Auch meine Eltern glaubten – und vielleicht hofften sie es auch – ich hätte eine spätpubertäre Phase, die nach einer Zeit wieder vergeht. Schließlich hatte man ja ein Wiederrufsrecht von sechs Monaten, wenn man sich damals freiwillig für zwölf Jahre verpflichtete. Ich denke meine Eltern gingen fest davon aus, ich würde zeitnah davon Gebrauch machen…. Schließlich hatte ich doch ein sehr gutes Abitur und hätte an einer der vielen Universitäten im und um das Ruhrgebiet herum studieren können. In der Vorstellung meiner Eltern war es nicht denkbar, dass man als „Mädchen“ zur Bundeswehr geht, insbesondere wenn man doch so viele andere Möglichkeiten hat 🙂

In meinem Freundeskreis war die Bundeswehr damals eher etwas „verschrien“. Keiner meiner Freunde ging zur Bundeswehr, wer von den Männern zur Musterung musste und es nicht schaffte ausgemustert zu werden, machte Zivildienst. „Warum tust du dir das an? Und dann auch noch als Frau!?“, wurde ich oft gefragt. Mein damaliger Freund sagte mir ganz klar, dass eine Frau bei der Bundeswehr überhaupt nicht seinem Bild von einer Frau entsprechen würde und er sich nicht vorstellen könnte, dass das wirklich meine Absicht sein würde.

Wenn ich so darüber schreibe und nachdenke, muss ich heute herzlich lachen! Das ist jetzt etwa 16 Jahre her und wir reden hier von Ansichten aus dem Jahr 2005! Wahnsinn, wie viel sich Gott sei Dank seit dem getan hat! Im Übrigen ist es so, dass sowohl meine Familie, als auch meine Freunde mittlerweile ein anderes Bild von der Bundeswehr haben, da sie unter anderem durch mich andere Einblicke bekommen haben und Vorurteile ausräumen konnten.

Als ich schon Soldatin war und in Uniform außerhalb der Kaserne unterwegs war, wurde ich tatsächlich von wildfremden Menschen gefragt, warum ich denn als Frau zur Bundeswehr gegangen sei. Sie meinten es keinesfalls abfällig oder provokant, sie waren viel mehr verwundert eine Frau in einer Bundeswehruniform zu treffen. Es war ein unbekanntes Bild und man erkundigte sich nun nach den Gründen, weshalb man sich als Frau einen solchen Beruf aussucht.

Ich glaube, dass diese Beispiele sicher auch viel mit regionalen Bezügen zusammenhängen. Ich bin im Ruhrgebiet aufgewachsen und habe in Hamburg studiert. Beides Regionen, die nicht unbedingt super viele Berührungspunkte mit der Bundeswehr haben. Dadurch sind die Menschen es hier viel weniger gewohnt überhaupt Soldaten oder Soldatinnen in Uniform regelmäßig zu sehen.

Diese Bespiele beschreiben und zeigen aber auch, dass Veränderungen Zeit brauchen und dass Gleichberechtigung eben nicht einfach so passiert, sondern aktiv gelebt, ausgebaut und gefördert werden muss.

Für mich selber waren all diese Sichtweisen und Meinungen gar nicht nachvollziehbar. Ich fand die Bundeswehr total spannend und hatte mich schon seit eh und je gefragt, weshalb diese Institution nur dem männlichen Geschlecht vorbehalten sein sollte oder auch warum nur Männer ihrem Land einen Dienst erweisen sollten und nicht ebenso Frauen.

Warum geht man aber nun als Frau zur Bundeswehr?, um diese unter anderem auf das Geschlecht abzielende Frage nochmal aufzugreifen und zu beantworten… Meine Standardantwort war und ist „ich denke aus den gleichen Gründen, aus denen sich auch ein Mann für die Bundeswehr als mittel- oder langfristigen Arbeitgeber entscheidet“. Ich sehe nicht, weshalb es hier geschlechtsspezifische Unterschiede geben sollte.

Wenn ich es konkretisieren soll, dann sage ich aber, dass die Bundeswehr ein spannender, vielseitiger Arbeitgeber ist, der für mich damals mit 19 Jahren einen Anreiz darstellte, den ich in einem „einfachen“ Studium bzw. in einem anderem Beruf nicht sah.

Ich wollte diese unbekannte Welt kennenlernen, mich vor allem auch körperlichen Herausforderungen stellen, mal von zu Hause fort sein, eine neue „Welt“ entdecken und ja, ich wollte auch schon damals einen Beitrag in bzw. für mein Land leisten. Außerdem konnte und kann die Bundeswehr etwas bieten, was nur wenige Arbeitgeber können; sie bietet dir die Möglichkeit schon in sehr jungen Jahren ein hohes Maß an Verantwortung zu übernehmen. Mit der Rolle als Vorgesetzter bist du schon früh für Entscheidungen verantwortlich, die Folgen für andere Menschen haben können. Führungsverantwortung, kein anderes „Unternehmen“ bietet die Chance und die Pflicht, diese so jung und in einem hohen Umfang zu übernehmen.

Ein weiterer sehr wichtiger Punkt war und ist für mich bis heute aber auch noch ein ganz anderer: Die Öffnung der Bundeswehr für Frauen für alle Bereiche wurde nur auf Grundlage eines Gerichtsurteils aus dem Jahr 2000 möglich und war ein längst überfälliger Akt! Somit lautet auch ein Teil der Antwort auf die Frage, warum ich als Frau zur Bundeswehr gegangen bin „weil ich es endlich darf und ich nicht auf Grundlage meines Geschlechtes davon abgehalten werde.“

Ich finde es rückblickend fast ironisch, dass Männer und Frauen im Jahr 2000 zwar auf Grundlage unseres Grundgesetzes gleichberechtigt sein sollten, in genau dem selben Gesetz aber auch geregelt war, dass Frauen „auf keinen Fall Dienst an der Waffe leisten dürfen“. Was hatte das bitte mit Gleichberechtigung zu tun? Ich finde hier im Übrigen die Frage genau so legitim, warum eigentlich nur Männer zum Wehrdienst herangezogen wurden, denn auch das ist keine Gleichberechtigung…

Abschließend denke ich, dass wir sowohl gesellschaftlich, als auch innerhalb der Bundeswehr auf einem sehr guten Weg sind. Ich habe es nie bereut, mich für meinen Weg bei der Bundeswehr entschieden zu haben, gezweifelt, gehadert, reflektiert, gelacht und gestaunt habe ich jedoch schon, mehr dazu in den folgenden Beiträgen.

2 Comments

  1. Vielen Dank für den guten Beitrag. Bei dem Absatz mit dem damaligen Freund musste ich an meine Situation denken. Ich bin 2009 zur Bundeswehr und mein damaliger Freund war als Wehrdienstleistender dabei und kurz vor dem Ende. Er kam damit überhaupt nicht zurecht, daas ich auch gehen wollte und hat mich vor die Wahl gestellt.
    Ich glaube teilweise fällt es Männern schwer, wenn ihre Partnerinnen bei der Bundeswehr sind und sie nicht. Ähnliches habe ich auch im Offizierlehrgang mitbekommen. Bei vielen Kameradinnen, die einen zivilen Freund hatten, hat die Beziehung kaum das erste jahr überstanden.

    1. Vielen Dank für den Kommentar! Ähnliche Erfahrungen habe ich auch gemacht. Ich denke ein Punkt ist sicherlich, dass der Beruf des Soldaten/ der Soldatin nach wie vor eher mit männlichen Eigenschaften in Verbindung gebracht wird und dadurch „unweiblich“ wirkt, wobei ich finde, dass dieses Bild überholt ist. Es gibt mittlerweile einige Bereiche, in denen wir viele Frauen haben; im Personalbereich, im Nachrichtenwesen oder in der Logistik (es gibt bestimmt noch weitere Bereiche). Vielleicht ist es für einige auch die Uniform, die natürlich auch irgendwo nicht typisch weiblich ist oder Weiblichkeit betont. Ich denke, obwohl es nun schon 21 Jahre sind, seit Frauen für alle Bereiche der Streitkräfte zugelassen sind, braucht es einfach Zeit und einer weiter steigende Zahl an Frauen in den Streitkräften, sodass es irgendwann normal wird. Wir sehen es ja in anderen Armeen; bei den Amerikanern ist die Zugehörigkeit zum Militär nichts unweibliches. Ich denke nur, wenn dich dein Freund/ Lebensgefährte vor eine solche Wahl stellt, dann ist es nicht der richtige Partner. Jede Frau sollte frei entscheiden, für welchen Beruf sie sich entscheidet!

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