Ungeahnte Möglichkeiten – Auslandsstudium in Australien

Wie schon in einem anderen Artikel beschrieben, bin ich nicht des Studiums wegen zur Bundeswehr gegangen, sondern der Bundeswehr wegen. Trotzdem möchte ich hier ein paar Eindrücke wiedergeben und vor allen Dingen darauf hinweisen, dass eine scheinbar sehr starr wirkende Organisation wie die Bundeswehr eine Vielzahl von Möglichkeiten bereit hält, die ich selbst zu Beginn meiner Bundeswehrzeit nicht für möglich gehalten hätte….

Ich weiß noch recht gut, wie ich nach abgeschlossener Offizierschule, einem schönen Sommerurlaub und ein paar Tagen bei der Familie meine sieben Sachen zusammenpackte, um nach Hamburg aufzubrechen und damit ein neues Kapitel in meiner Bundeswehrzeit aufzuschlagen. Ich freute mich auf die bevorstehenden vier Jahre Studienzeit an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg.

Das Studium lief gut; ich hatte in meiner Freizeit Zeit mich um mein Pferd zu kümmern und darüber hinaus nutzte ich einige der in der Regel von Studenten angebotenen und organisierten Sport- und Weiterbildungsangebote. So nahm ich unter anderem auch eine ganze Zeit lang jeden Donnerstag an der Einzelkämpfervorausbildung teil. Meine Vorstellung von Bundeswehr und meine Idee, dass ich bei der Bundeswehr auch „kämpfen“ wollte, hatte sich auch nach einem Jahr Offizierschule der Luftwaffe nicht geändert. Der Einzelkämpferlehrgang ist allerdings primär den Heereskameraden vorbehalten, da er nicht Teil der regulären Ausbildung eines Luftwaffenoffziers ist.

Durch die Teilnahme an der Einzelkämpfervorausbildung an der Uni erhoffte ich mir die Chance zu bekommen so am Lehrgang teilzunehmen. Leider bot sich während der Unizeit diese Möglichkeit nicht, es sollte aber für etwas anderes gut sein….

Über eine Infoveranstaltung an der Uni erfuhr ich, dass die Helmut-Schmidt-Universität diverse Kooperationen mit Universitäten auf der ganzen Welt pflegt und Studenten unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeiten haben ein Auslandsstudium zu absolvieren. Unter bestimmten Voraussetzungen deshalb, weil studierende Offiziere nicht einfach selbst bestimmen können, dass sie zu einem beliebigen Zeitpunkt ein Semester bzw. Trimester aussetzen, um beispielsweise an einer anderen Uni zu studieren. Das Studium ist in Regelstudienzeit zu absolvieren, da es für jeden eingestellten Offizier natürlich eine Folgeplanung gibt und es primär darum geht in seiner geplanten Verwendung nach bestandenem Studium Dienst zu leisten und nicht möglichst lange zu studieren.

Für ein Auslandsprogramm mit einer der Partneruniversitäten musste man sich bewerben. Es gab nicht unzählige Plätze und man darf immer nicht vergessen, dass so ein Austauschprogramm eine Menge Geld kostet. Also ist das Bewerbungsverfahren verhältnismäßig aufwendig und bedarf neben den geforderten Unterlagen vor allem die passenden Noten, Sprachqualifikationen, ein Motivationsschreiben sowie ein Bewerbungsgespräch vor einem Ausschuss bestehende aus mehreren Personen. Es ist nun schon einige Jahre her, aber ich kann mich noch gut daran erinnern, dass unter anderem mein damaliger Studentenfachbereichsleiter in diesem Ausschuss saß, der eine Woche zuvor zur Dienstaufsicht bei der Einzelkämpfervorausbildung war. Das war der totale Zufall, nur sollte es nicht zu meinem Nachteil sein…

Ob es nun daran lag, dass ich in dem Bewerbungsgespräch deutlich machen konnte, dass ich eine Begeisterung für das Militär hege und für mich die soldatische Tätigkeit im Vordergrund steht oder andere Gründe dafür sprachen, konnte ich jedenfalls einen von zwei Plätzen für ein Studium an der Griffith University in Brisbane, Australien ergattern und durfte mich auf sechs Monate am anderen Ende der Welt freuen…

Das Auslandsstudium zählt mit zu den tollste Erfahrungen, die ich bisher in meinem Leben machen durfte und ich bin meinem Arbeitgeber bis heute so unendlich dankbar für die Chance und diese einzigartige und unvergessliche Zeit, an die ich mich immer wieder gerne erinnere. Ich hatte die Möglichkeit in eine komplett andere Kultur einzutauchen, tolle und interessante Menschen kennenzulernen, mich in einem ganz neuen Umfeld auszutauschen, neue Perspektiven und Sichtweisen kennenzulernen.

Dabei habe ich auch festgestellt, dass ich ein kritischer Mensch, ein kritischer Offizier bin. Ich habe in diesem neuen Umfeld oft meine eingeschlagene Richtung hinterfragt, da ich viele neue Leute kennenlernte, die sich für ganz andere Wege entschieden hatten, teilweise für scheinbar freiere Wege. Ich hinterfragte die Bundeswehr, ihren Auftrag, meinen Auftrag, meine zukünftige Rolle in diesem System. Wollte ich das wirklich? Ich war und bin doch auch ein sehr freiheitsliebender Mensch und sah mich nun von außen betrachtet in einer sehr starren Organisation, in die ich nach der Zeit in Australien zurückkehren sollte. Ich war mir unsicher, ob ich das wollte, gab es doch noch so viele andere Wege im Leben, die auch interessant sind.

Dann dachte ich aber auch darüber nach, wie viele Arbeitgeber es wohl gebe, die ihren Mitarbeitern solche Möglichkeiten bieten, wie es in diesem Fall die Bundeswehr getan hat?! Wenn ich ganz ehrlich bin, dann kann ich nur mutmaßen, da ich bis heute keinen anderen Arbeitgeber großartig kennengelernt habe, aber ich glaube es sind nicht so viele. Ist die Bundeswehr also wirklich so freiheitseinschränkend oder müssen wir nur formulieren und wissen, was wir wollen und danach streben? Und ist das nicht immer und überall so im Leben? Ich denke schon.

Bis heute setze ich mich kritisch mit meinem Arbeitgeber auseinander, was ich absolut wichtig und notwendig finde. Wenn wir uns nicht mit uns und unserem Umfeld auseinandersetzen stagnieren wir. Wenn wir Dinge einfach hinnehmen, stoppen wir Fortschritt. Natürlich hinterfrage ich nicht täglich mich und meine Arbeit, dazu komme ich allein zeitlich schon gar nicht und es wäre ebenso wenig produktiv. Ich bin auch kein pauschal „Meckerer“, ich appelliere aber daran, sich ständig zu reflektieren und sich nicht zu scheuen, Dinge auch gegen Widerstand anzugehen, zu überdenken und auch zu ändern, wenn sie erfolgsversprechend sind.

Fakt ist für mich aber auch, dass ich die Bundeswehr auch nach fast 15 Dienstjahren nach wie vor für einen besonderen „Arbeitgeber“ halte. Dies hat sicherlich unter anderem mit dem Diensteid und der Vorstellung des „Dienens“ an sich zu tun (hierzu wird es auch noch einen seperaten Beitrag geben), aber auch mit den zahlreichen Möglichkeiten und Perspektiven, die von außen so erst einmal gar nicht sichtbar sind. „Du bist deines eigenen Glückes Schmied“ passt auch hier, denn nur du selbst kannst etwas bewegen und verändern, in vielerlei Hinsicht….

Hab also den Mut deine Wünsche und Träume zu formulieren und zu erreichen, ohne dabei zu vergessen, dass du deinem Land DIENST, womit auch mal Entbehrungen und Unannehmlichkeiten verbunden sind und man von dir erwartet auch mal einfach zu machen ohne zu diskutieren. Ich bin überzeugt, dass das eine ganz gute Mischung für Berufszufriedenheit ist.

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